Enttäuschung und Glückseligkeit

von | 29.Sep.2022 | Poesie | 0 Kommentare

 

 

Enttäuschung und Glückseligkeit

 

Nah liegen sie oft beieinander:

Enttäuschung und Glückseligkeit.

Mitunter leidet auch der Ganter,

Das Leben hält auch das bereit.

 

Er war ein wackerer, feiner Mann,

Vom ersten Tag an tief verliebt.

Sie, eher spröde, doch irgendwann

Sie einsah, dass man Partner liebt.

 

Sonst wär’ das Leben vorübergegangen,

Denn ohne Partner lebt sich’s schlecht.

Also lässt sie sich von ihm fangen,

So dass Hochzeit ihr gutes Recht.

 

Sie war ihm Sonne, Augenstern

Und blieb doch immer distanziert.

Er hatte sie so schrecklich gern,

Die Liebe hat ihn früh verführt.

 

In ihren Augen war er dick,

Ihr Ideal blieb stets der Schlanke.

Pflicht war für sie halt das Geschick,

Doch gab es da die innere Schranke.

 

Er fuhr mit ihr überall hin,

Hatte mit ihr auch seine Kinder.

Doch sie sah mit dem Augensinn

Spähend nach andern – er ein Blinder.

 

Und nach den vielen Ehejahren

Lernte sie auf der Einkaufstour

Den Mann, der da flott vorgefahren,

Der passte ihr in die Richtschnur.

 

Auch war der schön, schlank, reich,

Sie war von ihm schwer fasziniert,

Kam nicht mehr los und ging sogleich

Mit ihm, weil sanft die Stimm’ er führt.

 

Als hätte sie ihn schon gekannt,

So sehr vertraut wurde der Weg,

Auf dem Vertrauen nun das Pfand –

Für sie schönster Liebesbeleg!

 

So kamen sie sich immer näher,

Die Ehe schien nur noch Ballast,

Er freier, sportlich, Wandergeher,

Der Alte nur noch Bettenlast.

 

Davon merkte ihr Mann ja nichts,

Kam stets devot den Pflichten nach,

War für sie da und angesichts

Der Ehe gab’s kein Ungemach.

 

Doch sie fühlte sich hingezogen

Zum Schlanken, Großen, den sie liebte,

Sah sich nur noch seelengewogen,

Wo nichts die Harmonien trübte.

 

Schließlich gab sie dem Drängen nach

Und ging zum Neuen, ließ sich lieben,

Kam in sein Haus, unter sein Dach,

Wollte Glück nicht längerzu aufschieben.

 

Es war wie immer, doch das Glück

Sprang höher, ließ ihr Herze jagen.

Nur noch für ihn hatte sie Blick,

Musste ihn herzen, Liebes sagen.

 

Ihr Mädchentraum ging in Erfüllung,

Hatte sie doch endlich, was sie wollte.

Leicht fiel ihr deshalb die Enthüllung,

Die ihr Mann nicht glauben wollte.

 

Auf Händen hatte er getragen

Sie, alles für sie stets getan.

Da konnte Dank sie ihm zwar sagen,

Doch blieb er nur ein Ehemann.

 

Und Dankbarkeit reicht scheinbar nicht,

Die Sehnsuchtsbilder zu enthüllen,

Wenn Amors Macht darauf erpicht,

Das Herz mit Liebe zu erfüllen.

 

So ging die Ehe auseinander,

Einsam blieb ein Mann zurück,

Weil ein schöner, schlanker Ganter

Sie führte in ihr neues Glück.

 

Beim Neuen war’s schon wie bisher,

Nur dass er schlank war, ihr gehörte,

So dass es leichter, nicht mehr schwer:

Wenn sie sprach, er auf sie hörte.

 

Körper und Geist flossen zusammen,

Verschmolzen zu dem Seelenkissen,

So dass sie selig nun beisammen –

Keiner wollte den anderen missen.

 

Und ihrem nun verlassenen Mann?

Ihm blieb zwar lebenslanges Wähnen,

Doch hatte er sich umgetan,

Fand ein Mädchen für sein Sehnen…

 

 

©Hans Hartmut Karg

2022

 

*

Rate this post

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Share This