Als ich ein zartes Knäblein war, gab es einen
Tag im Jahr, auf den freute ich mich wie Bolle.
Das war der Faschingsdienstag.
Da ging es ab im großen Saal der Dorfkneipe,
gerade bei uns gegenüber.
An dem Tag tobte ich mich jedes Jahr fast
bis zur Besinnungslosigkeit aus.
Meist ging ich als Cowboy mit zwei schweren Colts an der Seite.
Ich verfolgte Mädchen durch den Saal, durch den Hof
bis in den Mädchenkloflur hinein.
Unablässig ballernd aus zwei heißen Rohren.
Leider war meine Munition oft schon nach einer Stunde verbraucht.
In den letzten Jahren ging ich aber immer öfter als Indianer hin.
Das seidig glänzende, lange Haar, so fand ich, stände mir gut.
Trotzdem genügte mir das Tomahawk nicht.
Eine Pistole hatte ich dabei.
Mit der musste ich mich aber ständig gegen ballernde,
angreifende Cowboys erwehren.
Ich löste womöglich ihren Killerinstinkt aus.
Doch dann stieß ich auf die Pippi Langstrumpf
Bücher, ich verschlang sie alle.
Pippi faszinierte mich.
Sie war ein Mädchen, aber stark.
Kurz: Ich wollte dieses Jahr als Pippi zum Fasching.
Mutter zögerte lange, gab meinem Flehen aber nach.
Und da stand ich nun unter dem Schmunzeln der anderen Mütter
als Pippi auf dem Parkett, an meinem Faschingsdienstag.
Diese roten Haare mit abstehenden Zöpfen,
die Sommersprossen und die langen Strümpfe.
Ich war die Pippi.
Eine Waffe hatte ich allerdings nicht dabei.
Mutter meinte, das passe nicht zu Pippi.
Kaum war ich auf dem Parkett, stürzte sich eine
Schar wild gewordener Cowboys auf mich.
Ich musste flüchten, ich hatte kein Schießeisen.
Sie verfolgten mich durch den Saal, durch den Hof
bis in den Flur des Mädchenklos hinein.
Sie machten ihre Kanonen vor meinem Gesicht
leer bis zur letzten Patrone.
Das war eine ganz neue Erfahrung für mich.
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