Vorsicht, Satire!
Noch nie habe ich mich danach gesehnt, lieber eine Frau zu sein
Auch mögliche weibliche Seiten wollte ich in mir nicht entdecken
Das Feminine an und mir mochte ich nicht wecken
Schon im Kindergarten wünschte ich mir nicht, mit Puppen zu spielen
Mir gefielen die Bauklötze und Spielzeugautos, die vielen
Vielleicht bin ich nicht auf der Höhe der Gender-Regenbogen-Epoche
Vielleicht habe ich bis heute nicht verstanden,
dass ich einst nicht wirklich aus freiem Willen in die Bauecke gegangen
Vielleicht hatte Kindergärtnerin Tante Feuerbach
nicht meine heimliche Sehnsucht nach Puppen verstanden
Vielleicht hatte sie mir in unverantwortlicher Weise
nicht die Freude vermittelt, zur Abwechslung
oder dauerhaft Röckchen statt Hosen zu tragen
Doch jetzt ist es zu spät – ich bin unverbesserlich gescheitert
Als alter weisser Mann bin ich für das Zeitalter
der freien Geschlechterwahl unwiederbringlich verloren
Meinen Anklägern sei gestanden:
Vielleicht ist wenigstens im Dichten
ein grosses Stück meiner weiblichen Seite vorhanden
Stephan Wannovius, 16.01.22
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