Laß dich den Pöbel nicht zur Unvernunft verführen.
Dein Lied muß den Geschmack, nicht der dein Lied regieren.
Sey sanftem Klange hold, doch starkem Ausdruck mehr;
Nur dass das Herze fühlt, ergötze das Gehör.
Schreib, dass dich die verstehn,
die Witz und Dichtkunst kennen;
Wer jedes Carmen liest, den laß dich dunkel nennen.
Dein Scherz sey von der Art, die den Verstand auch rührt
Dein Ernst sey allemal durch muntern Witz geziert.
Voll Feuer, voll Vernunft, bemüh dich, dass dein Spielen
Die Schöne denken lehrt, den Philosophen fühlen.
Dir sey der Fremden Kunst, der Alten Geist bekannt;
Dann rühmt der Stutzer dich, und schimpft dich kein Pedant.
Soll dir der Richter Lob wahrhaftig Ehre bringen:
Erschmeichle dir es nicht, du kannst es dir erzwingen.
Auch schreib, von wilder Glut der Jugend angeflammt
Kein Werk, das einst vielleicht dein reifrer Geist verdammt.
Abraham Gotthelf Kästner
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