Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein.

von | 03.Mai.2025 | Poesie | 0 Kommentare

Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein,
Du alter Strom in jungem Lauf,
Du trägst der Berge schweren Stein
Und schlägst ihn sanft zu Kieseln auf.

Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein,
Wo Burgen stolz und trotzig stehn,
Doch du, in ruhig klarem Schein,
Lässt ihre Schatten untergehn.

Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein,
Du kennst nicht Grenzen, nicht Verbot,
Du trinkst den klaren Firnen-Wein
Und teilst mit allen Durst und Brot.

Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein,
Vom Ursprung bis zur Mündungszeit,
Bald wild im engen Felsgestein,
Bald sanft in reifer, stolzer Breit’.

Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein,
Wenn Nebel deine Flut verhüllt,
Wenn Sterne in die Tiefe schein’n,
Wenn Sturm die dunklen Wasser schwillt.

Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein,
Der tausend Jahre Leid gesehn,
Durch Schlachtenlärm und Fackelschein,
Durchs Werden, Blühen und Vergehn.

Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein,
Der niemals rückwärts fließen mag,
Der Gestern lässt und Morgen weiht
Und immer neu ist, jeden Tag.

Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein,
Der einsam ist und doch verbindet,
Der Grenzen trägt wie schweren Stein
Und dennoch stets den Weg zum Meer hin findet.

Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein,
Der Lieder trägt und alte Sagen,
Der Völker Traum und Völker Pein,
Doch unermüdlich fort muss tragen.

Du Rhein, du sollst mein Gleichnis sein,
In dir erkenn ich meine Zeit,
So voller Kraft, so voller Schein,
So nah dem Tod, so lebensweit.

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