Der Blick

von | 05.Dez..2025 | Poesie | 0 Kommentare

Wer vermag es,
den Blick fest zu richten
auf die Qualen der anderen,
ohne selbst einen Schmerz zu spüren?
Du und ich fühlen vielleicht
doch noch Scham und Mitleid,
aber die Befehlsempfänger
sehen gar nicht mehr weg,
was geht es sie denn an?

Die Masse johlt vor Begeisterung,
wenn das arme Opfer verbrennt.
Der Henker erzeugt ein Schauspiel
des blutigen Schreckens,
und alle jubeln ihm zu.
Gladiatoren
mussten zerrissen werden,
damit die Menge
ihre Unterhaltung erfuhr.

Welch ein Vergnügen
bei Horrorfilmen,
und das sind wir Menschen?
Noch schlimmer,
hinschauen können,
ohne sich darum zu bekümmern,
welch ein Leid sich abspielt,
die Schreie nicht zu beachten
und achtlos ein Lied zu pfeifen.

Kaltschnäuzig
Orders empfangen
und rücksichtslos ausführen,
ja, so läuft es überall,
und die Schreie
verhallen im Leeren,
aufgezeichnet
im kurzlebigen Bild
der Video-Schalte.

Wieso verstummt die Stimme
der verstörten Seele
angesichts des Schreckens
und gewöhnt sich
an den neuen Alltag?
Wir sollten dem Herzschlag
mehr Raum gewähren
und uns auf das Wort besinnen,
das uns zu Menschen machte.
Schau also hin, hör zu und sprich!

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