Das Entenmahl
Klein waren wir Kinder noch alle drei,
Spielten mit Katzen, redeten mit Hunden,
Weil man als Kind gerne Mittler sei
Fürs Leben, das mehr ist, als nur Stunden.
Und plötzlich war da der Enterich weg,
Mit dem ich damals täglich lange sprach:
Er kam nicht zu mir mehr über den Steg,
Verwaist waren Tümpel und Bach.
Sonntags gab es den besten Braten
Mit Klößen und mit herrlichem Blaukraut.
Der Vater hatte uns damals geraten:
„Kinder, dass ihr mir ja reinhaut!“
Doch von uns Kindern rührte keiner etwas an,
Das ihm so trefflich und fein aufgetischt.
Wir wussten zwar nicht, was da über uns kam,
Haben nur ein wenig vom Blaukraut gefischt.
Nichts hatte man uns Kindern da verraten,
Doch spürten wir jetzt offenbar instinktiv,
Dass unser Erpel nun nur noch als Schatten
In die Pfanne gelegt, wir war’n nicht naiv!
Nachdem keiner am Tisch Fleisch zu sich genommen,
Verzichteten schließlich auch unsere Eltern darauf,
Weil auch ihnen ein eigenartiges Würgen gekommen,
So hoben sie halt still und trauernd diese Tafel auf.
©Hans Hartmut Karg
2025
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