Der Weise
Er war ein alter, weißbärtiger Mann,
Am Haar grauweiß und sonnengebräunt,
Der aus dem Kollektivsumpf des Tales kam
Zum Berg, wo die Freiheit ihm streunt.
Er war den vielen Allgemeinplätzen geflohen,
Nahm deshalb zum hohen Pass den Weg
Über Stock und Stein, wo Abstürze drohen,
Auch über den morschen, brüchigen Steg.
Und während er und Freund höher stiegen,
Stellte ihm sein Begleiter unablässig Fragen
Nach seinem Denken und seine Vorlieben,
Der Alte hatte ja nur sehr wenig zu tragen.
Die Mulis trabten hinterher und erinnerten ihn
An das Plattprovinzielle unten im Tal.
Da machte es für ihn nun wirklich Sinn,
Wegzugehen, er hatte für sich diese Wahl.
Oben angekommen sahen sie, wie klein
Da unten Häuser in den Feldern standen.
Die Sonne herrschte oben ganz allein,
Als sie die Tiere an Steine banden.
Dem Jungen hatte er alles erzählt,
Er legte sich hin an des Rinnsals Lauf,
Wo die Ewigkeit ihn nun hatte erwählt,
Denn er wachte da oben nicht mehr auf.
Der Junge aber hat das alles behalten,
Was der Alte ihm begleitend anvertraut.
So konnte er sein Wissen ausgestalten,
Worauf bis heute die Menschheit baut.
©Hans Hartmut Karg
2024
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