Die Wassersammlerin
Ein Leben hindurch sammelte sie das Nass
Und beließ es sparsam beim Waschen,
Reinigte mit Lappen das verstaubte Weinglas,
Strickte lieber und zählte die Maschen.
Wasser galt ihr immer als heiliges Gut,
Die Verschwendung prangerte sie an.
So waren die Kinder stets auf der Hut,
Rüffel riskierte nicht mal ihr Mann.
Und sie sah schon den Tag heraufziehen,
An dem die Menschenheit deshalb aufrüstet,
Wenn wir uns alle nicht endlich bemühen,
Man sich weiterhin mit Duschorgien brüstet.
Der Sauberkeitsfimmel schadete uns sehr,
Täuschte unser Selbst mit Scheinquellen.
Wir aber nahmen das alles lieblos her,
Als könnte man’s im Katalog bestellen.
Mit wenig Wasser sie alles spülte,
Lieber trank sie es und fing es auf:
Damit sich die Balkonblume wohlfühlte,
Goss sie aufgefangenes Wasser drauf.
Und die blühte jeweils ein ganzes Jahr,
Wurde schöner und größer dabei.
Sie blühte auch noch, als weiß Frauenhaar,
Weil Rettung Lebensmantra doch sei!
„Die Schöpfung bewahren!“ war ihre Parole,
Diese gäbe sie so gern ihren Enkeln mit.
Doch während jetzt abschmelzen unsere Pole,
Bleibt fraglich, ob Enkel noch drosseln den Schritt…
©Hans Hartmut Karg
2021
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