Vorsicht, Satire!

Die Erde ist ein Würfel

In der postfaktischen Zeit darf jeder alles sagen, denken

und andere auf falsche Fährten lenken  

Es gibt Unzählige, die ohne Bedenken

auch dem Absurdesten Glauben schenken

So habe ich eine weltbewegende Entdeckung gemacht, 

aber es bis heute damit dennoch nicht weit gebracht

Doch dieses Gedicht wird Türen einrennen

und den Durchbruch bringen

Ich werde vom Nordpol bis zum Südpol

viele, viele Anhänger gewinnen

Ich allein habe eine weltbewegende Entdeckung gemacht:

Nein , die Erde ist keine Scheibe

Nein, die Erde ist kein Ball, keine Kugel

Ja, die Erde ist ein Würfel!

Nichts läuft auf der Erde rund 

Das Leben hat Ecken und Kanten 

Schon diese Beobachtung für einen Würfel spricht –

einen Würfel, auf dem es sechs Felder gibt

Mit jeweils einem, zwei, drei, vier, fünf oder sechs Punkten 

Und das Schicksal der Menschen darauf ist trotzdem kein Würfelspiel 

Sieht man einmal davon ab, wo ein Baby erblickt das Licht der Welt 

Es hängt nämlich von den Kontinenten, Ländern ab,

ob man unter einem Sechser oder unter einer Eins geboren wird 

Wer Eltern im Norden hat,

bekommt meist sechs Richtige schon in die Wiege 

Die Bewohner der Südhalbkugel eher nicht

Ihr Dasein bleibt in der Regel schlicht

Diese Erkenntnis ist nicht neu

Doch der Schluss daraus ist wirklich genial:

Die Teilung der Welt in Arm und Reich belegt,

dass die Erde ein Würfel ist

Nun, werde ich etliche Jünger um mich sammeln! 

Weltweit – vor allem im Internet!

Dieses Medium meint es mit Spinnern besonders nett!

Stephan Wannovius, 7.12.21

Anmerkung: Dieses postfaktiscbe Zeitalter belegt, dass die Menschen auf Erden eben nicht immer klüger, vernünftiger werden. Wir erleben und durchleiden gerade die Antithese zur Aufklärung.

Doch im Gegensatz zum Mittelalter kann man diesmal nicht der Religion den Vorwurf machen, sie bremse und verhindere den Fortschritt. Gerade der a- oder antireligiöse Mensch ist der Vorreiter des Verschwörungsglaubens. Wenn er glaubt, dann an abenteuerliche Legenden und an seine Unvernunft, die er völlig unvernünftig für die reine Vernunft hält.

Stephan Wannovius, 7.12.21