Ein Dichter des ICHs kennt
sich, sich, sich
und sein Gedicht allein
Andere Werke hält er für nichtig und klein
ICH-Gedicht ist ihm dauerhafte Pflicht
Er liebt nur sein Gesicht
und noch mehr sein Gedicht
Was andere Poeten schreiben,
was sie treiben und was sie treibt,
das interessiert ihn nicht
Jeden fremden Reim findet
er einfach schlicht, zu schlicht
Und deshalb ermutigt
er selbst grosse, neue Talente nicht
Er kennt nur sich, sich, sich
und sein ICH-Gedicht
Lobt man ihn,
weil auch er durchaus dichten kann,
dann lohnt sich’s nicht
Denn er bedankt sich nicht
Du bist dem Lyrikkönig
vermutlich zu schlicht
Er achtet lediglich Menschen
von seinem königlichen Gewicht
Und die gibt es eher nicht
Mit Gott darfst du reden,
der Allmächtige antwortet dir
Doch der Poetengott ist so, zu erhaben,
du darfst ihn niemals fragen
Wenn du’s gar wagst, Kritisches zu sagen,
wird er es dir auf Dauer verargen
und dich mit deftig-derben Spottpoemen plagen
Er wird dich mit Dreck bewerfen,
dich, sich selbst und die Dichtkunst beschmutzen
Zu wessen Nutzen?
Stephan Wannovius, 15.10.21
Annerkung: Sind wir nicht alle manchmal ein bisschen Dichter des ICHs, selbst wenn wir versuchen, genau das Gegenteil zu praktizieren????Erzeugt wirkliches oder eingebildetes Künstlertum stets Realitätsverlust und ein Stück Größenwahn??Wie können wir geerdet bleiben???
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