Kindheit in Scherben

von | 07.Juni.2025 | Poesie | 1 Kommentar

Ich wuchs auf in einem Haus aus zerbrochenem Glas, wo jede Bewegung ein Schnitt war, jede Stille das Zittern vor dem nächsten Sturm.

Die Luft war nicht zum Atmen da, sie war dickl, voll flüsternder Drohungen und knisternder Schuld. Und selbst der Tag roch nach Nacht – nach feuchter Wut und rostiger Angst.

Man schlug nicht nur mit Worten, man schlug mit Blicken, mit Türen, mit dem Geräusch der Schritte im Flur.

Ich war ein Tier im Winterfell, taub vor Kälte, meine Tränen froren mir im Hals. Ich kaute auf der eigenen Stimme bis sie nicht mehr wagte, sie selbst zu sein.

Meine Schwester war der Sturm, ich das Laub. Sie schrie in Farben, ich schwieg in Grautönen. Man hielt uns klein, damit wir nicht hinsehen konnten auf das, was eigentlich brennt.

Man sagte: Ihr seid der Grund, warum wir Flammen werden. Doch ich sah nie ein Streichholz in meiner Hand. Nur Asche auf der Haut.

Die Mutter: Ein Fluss mit zwei Strömungen. Sie streichelte mit Worten, doch peitschte mit Schatten. Sie flüsterte manchmal Hoffnung, doch immer zu leise, immer zu spät.

Und er – der Mann, den man Vater nennen sollte – war ein Gewitter, das sich selbst liebte. Er hob Hände wie Gewichte, die uns niederdrückten statt zu tragen.

Ich lebte zwischen zerkauten Versprechen und stummen Tellern. Der Tisch war ein Altar für das, was fehlte: Wärme. Ehrlichkeit. Schutz.

Und so stand ich da, ein Mädchen aus Papier, faltete mich in tausend Formen um zu passen, um nicht zu reißen.

– K.tina Vale

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1 Kommentar

  1. Stephan Wannovius

    Hallo Tina, das (Lyrische) Ich schildert eine bedrückende Kindheit und toxische Familienkonstellation…
    Willkommen hier im Forum. Schreibe weitere Texte, denn du hast was zu sagen! LG Stephan

    Antworten

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