Philemon und Baucis
Da waren sie mehr als sechzig Jahre zusammen
Und standen nun im neunten Jahrzehnt,
Als sie BEIDE doch noch ins Altersheim kamen,
Was sie weder erwünscht noch ersehnt.
Dort aber sind sie nun angekommen
Und fühlen sich eigentlich so richtig wohl,
Haben von ihrer Liebe nicht Abschied genommen
Und den Kopf immer noch so ideenvoll.
Jeder hat nun sein eigenes Zimmer,
Täglich sitzen sie zum Essen beieinander.
Vor dem Frühstück küssen sie sich immer,
Mittags gibt es oft köstlichen Zander.
Dann stirbt er, das kann sie nicht begreifen,
Sie kommt seltener zum Mittagsgericht,
Während Trauerbilder in ihr reifen,
So dass bald auch ihr Herze bricht.
Nur eine Eiche und eine Linde
Erinnern noch an ihre tiefere Liebe:
Zwei Jungbäume, umweht von sanftem Winde
Bilden nun Jahr für Jahr immer neue Triebe…
©Hans Hartmut Karg
2024
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