Warum ich nicht schreibe 19.07.2003
Bisher war es so, dass ich wusste was meine Augen sahen, wenn ich den Blick schweifen ließ, ich habe es genossen mich mitten in die Stadt zu setzen und während der Tag wie die Menschen an mir vorüber ging, Streitgespräche Zärtlichkeiten und gelebte und all zu glatte Gesichter, durch meine Augen in mich fließen zu lassen.
Wenn meine Hände einen Menschen, einen Baum oder taugereiftes Gras streichelten, schienen die Moleküle durch meine Haut zu tanzen und das Fühlen wurde zum Erlebnis.
Gespräche, Zusammenhänge, politisches Alltagsgeschehen regte mich an und mein Geist sagte mir schnell wie ich zu diesem oder jenem stand. Und in mir wuchs Klarheit.
Ich liebte Spaziergänge, morgendliche ließen in mir den Zauber des beginnenden Tages atmen und nächtliche Spaziergänge deckten mich mit Klarheit zu.
Ich genoss zufällige Berührungen in Straßenbahnen und beim Duschen konnte ich immer öfter sagen, ja Florian du bist schön.
Auf meinem Fahrrad lebte ich Geschwindigkeit und träumte mir die Beherrschbarkeit von Zeit und Raum, und erlebte Stürze die mich eines besseren belehrten.
Ich habe meine Gedanken schwimmen lassen und folgte mit Erstaunen ihren Richtungswechseln, oft ließ ich sie einfach untertauchen.
Ich las in Weltanschauungen, Lebenslinien und Fantasien. Bücher waren meine Welt. Ich genoss es drei, vier an der Zahl gleichzeitig zu lesen und zwischen ihnen hin und her zu springen
Ich weiß nicht ob ich ein glücklicher Mensch war, es gab in meiner Nähe Menschen, die sehnten sich danach, das ich Dinge sagen konnte, wie: Alles wird gut, die sich wünschten ich könnte vertrauensvoll in die Zukunft blicken und mir ein Leben in Zweisamkeit träumen, doch das schien mir alles so fern, und vieles ließ ich unausgesprochen.
Ich konnte weinen, lachen und Wut meinem Gegenüber ins Gesicht schreien und wortreich ließ ich keine Sprachlosigkeit in meiner Nähe zu.
Heute halte ich den Blick oft gesenkt, traue mich nicht die Gesichter anderer zu erforschen, und wenn ich den Blick hebe dann oft nur um Menschen auf Abstand zu halten. Ihre fragenden Blicke wehre ich ab und fürchte jeder könne von meiner äußeren auf meine innere Unsicherheit schließen.
Wenn meine Hände heute berühren, spüre ich oft nichts und oft werde ich auf mich zurückgeworfen.
Gespräche scheinen mir in meiner Wahrnehmung oft zu entgleiten, gesagtes war anders gedacht und meine Gedanken stürmen nicht voraus, sondern taumeln hinterher.
Spaziergänge sind mein Catwalk, immer bereit zum öffentlichen Auftritt und dennoch gefangen in meiner eigenen Welt.
Zufällige Berührungen scheinen nie von außen zu kommen, sondern ein Gauklerbild meines eigenen Körpers zu sein.
Fahrradfahrer die an mir vorüber schießen machen mir Angst und gehören nicht mehr zu meiner Welt, sie werden krampfhaft ignoriert und manchmal weint es in mir.
Meine Gedanken sind oft im Schleudergang und ich weiß ihnen nicht zu trauen, sie sagen mir nicht mehr was wahr ist.
Bücher scheinen von mir nicht gelesen werden zu wollen, die Welt der Fantasien habe ich mir verschlossen, denn meine Welt ist mir unbekannt.
Bin ich heute glücklich?
Fragmentarisch stürzt das Leben auf mich ein, die Tage rennen an mir vorbei, manchmal kann ich sie genießen aus vollen Zügen, doch wenn ich danach greifen will, sind sie schon weitergezogen.
Ich lerne eine neue Welt, ich brauche Zeit um mich in ihr zurechtzufinden.
Ich wünsche mir, das ich mir Zeit nehme, sie klaue wo ich nur kann. Das ich heimisch werde in diesem fremden Land, was unerreichbar in mir liegt.
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