Gericht-Gedicht

von | 03.Sep.2013 | Poesie | 0 Kommentare

mmh, was darf’s denn heute sein?
was verleibe ich mir heute ein?
was hat der Vorratsschrank zu bieten?
was war’s wozu mir Glanzprospekte rieten?

was gibt es heute zu verkosten?
Gemüse aus dem Fernen Osten?
In Brasilien bin ich nie gewesen,
doch Erdbeeren sind dort handverlesen.

Mit Umweg über Kasachstan,
frisch eingeflogen, Parmesan.
Frisch gepuhlt im Land am Niger,
Nordseekrabben immer lieber.

Südseeobst zur Weihnachtszeit?
Für Sie ist uns kein Weg zu weit.
Mit Luftfracht, da floriert der Handel.
Wen kratzt da noch der Klimawandel?

Das Walfleisch ist besonders frisch,
muss mal was Neues auf den Tisch,
wie wär’s, mit Plastik vollgepumpter Fisch?
gepresst, gestampft zur Fertig-Quiche.

Fleisch muss her, nur das macht satt.
Da weiß man schließlich was man hat.
Sei’s Dioxin, sei’s Rinderwahn,
auf das Sößchen kommt es an!

Schauen wir mal ins Rezept.
Was brauch ich, dass es richtig peppt?

Ein frisches Legebatterienei
und ein Schuss E102.

Ein Löffelchen E120,
schmeckt es dann nicht ganz so ranzig.

Die Prise E240,
macht das Mahl erst richtig würzig.

Die Liste bis E190
garantiert, der Organismus freut sich.

Noch etwas Calciumdiglutamat,
bringt die Sache recht in Fahrt.

Wovon ich nie zu wenig nehm:
köstliches E110.

Und ohne E607,
wär’s nur halb so gut geblieben.

Passiert zu einem feinen Brei,
verdickt mit E403.

Doch erst mit E508,
wird das Ganze rund gemacht.

Nun nehm ich noch den ganzen Rest,
fertig für den Menschentest.

Von Schaden hörten wir noch nie,
drum rein damit, bon appetit!

Nun zieht nicht allzu lange Mienen,
wir müssen schließlich Geld verdienen.

Und ohne daß die Wimper zuckt,
es lebe das Bruttosozialprodukt!

Doch letztlich, wie entsteht der Preis?
Irgend jemand kauft den Scheiß!

© Maximilian Otto, 2009

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