1 – Brief an Baba

von | 14.Nov.2022 | Dies & Das, Poesie | 1 Kommentar

Hallo Baba,

mir geht es nicht so gut.
Ich fühle mich als hättest du dich aus unserem Leben entfernt und mich im Stich gelassen. Als sei ich vier Jahre alt, so steigt der Trotz in mir hoch. Ich bin verletzt und finde keine Worte, sobald ich deine Stimme höre. Sie bricht in sich zusammen, ein Ja und ein Nein ist alles was ich zur Konversation beitragen kann.
Du interessierst mich, missverstehe mein Schweigen nicht. Ich weiß einfach nicht wie ich mit dir umgehen soll.
Ich wünschte gerade du wärst hier und ich könnte mein Gesicht so lange auf deiner Brust vergraben, bis jede Träne durch dein Shirt gesickert ist und sich von mir gelöst hat – aber das geht nicht. Du hast nämlich eine Entscheidung getroffen – fern von der, dich von Mama zu lösen – du hast dich entschieden ein neues Kapitel zu beginnen ohne uns, ohne mich deinem Kind, an deiner Seite.
Ich spreche hierbei bewusst von mir, weil ich versuche dir verstehen zu geben, dass es bei all dem Schmerz den ich empfinde um mich, als deine erste und deine einzige Tochter geht. Ich spreche bewusst von mir, weil ich glaube deinen Geist und deine Motivationen durchdrungen zu haben, jedoch dringe ich nicht durch zu dir, auch nicht mit meinem Schmerz.
Es ist als würde es neben der Realität in deiner Blase keine anderen Wahrheiten geben. Frage mich wie gesund das sein kann? Merke, dass ich das vielleicht durchschaut haben kann, glaube deinen Geist durchdrungen zu haben und dann merke ich wieder – ich dringe nicht zu dir durch, auch nicht mit meinem Schmerz.
Ich verstumme, dränge alles Gefühl unter Wasser, es will auf und ich drücke wieder. Meine Lunge zieht sich zusammen, das Wasser steigt mir aus dem Mund und ich merke wie ich daran ersticke.. dann schlucke ich das Wasser und drücke alles Gefühl immer fester und gewaltsamer herunter – es bringt ja nichts.
Selbst wenn ich es zulassen würde, die Flut die mich mitreißen und dir alles mitteilen wollte, all die Worte und Bekenntnisse – ins Leere.
Du bist dir deiner Schuld nicht bewusst. Es steht eine Horde gleichgesinnter unreflektierter Menschen hinter dir. Nur ihres Glück bewusst, nur ihres Umfeld. Reden ständig von Liebe und damit auch sehr großen und starken Worten – ins Leere.
Es ist als hätten sie das Werkzeug die Dämme in meiner Lunge zu zerbrechen, kehren sie jedoch den Rücken zu, das Wasser steigt weiter an. Sie bauen an deinem Damm, von deiner Blase aus, da siehst du nichts. Sie sind da und bauen dir die Mauern deiner Blase so hoch – aber du bist da auch, du hältst ihnen das Werkzeug hin und langsam vergisst du dass es da eine andere Realität gibt.
Deshalb Baba, drang ich nie zu durch dir, weil sie alle da waren – die Horde gleichgesinnter unreflektierter Menschen hinter dir. Deshalb Baba, merkst du von All dem nichts.

Mir geht es nicht so gut.
Ich fühle mich als hättest du dich aus unserem Leben entfernt und mich im Stich gelassen. Als sei ich vier Jahre alt, so steigt der Trotz in mir hoch. Ich bin verletzt und finde keine Worte, sobald ich deine Stimme höre. Sie bricht in sich zusammen, ein Ja und ein Nein ist alles was ich zur Konversation beitragen kann.

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1 Kommentar

  1. Stephan Wannovius

    Ich verstehe deinen Schmerz, liebe Cewin. Bei mir ist es umgekehrt: Meine einzige Tochter hat sich völlig von mir abgwandt. Ich weiss nichts mehr über sie…

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