Der achtzehnte Zweite Fünfundneunzig

von | 14.Nov.2022 | Poesie | 0 Kommentare

Der achtzehnte Zweite Fünfundneunzig

Dort, wo man dich nicht achtet, kannst du nicht bleiben.
Das war unsere späte Erkenntnis.
Du hattest die Kleine im Arm und ich trat dem alten Kadett ins Kreuz.
Warum sind Frauen immer so schön, wenn sie kämpferisch sind?
Unser Auszug aus Ägypten war überfällig gewesen.
Fast hätte ich dich verloren, weil sie Stimmung gegen dich machten.
Wir wurden eine Kleinfamilie ohne Wurzeln in der
Fremde, kaum achtzig Kilometer weg von den Fleischtöpfen,
zu denen wir nie zurückkehrten.
Das sind unumkehrbare Lebensentscheidungen.
Und irgendwann, wenn ihre Kraft nachlässt, flehen
sie dich an, heimzukehren, um sie aus dem Dreck zu ziehen.
Dich, den sie kleinhalten wollten.

Aber du hast neue Wurzeln geschlagen
bist verflochten mit Menschen und Landschaften
und hast Erinnerungen, die nicht bis zu ihnen zurückreichen.
Warum bedenken Machthabende im Großen und im Kleinen
nie die möglichen Konsequenzen ihres Handelns?

Ich fand einen Job in einer Fabrik und arbeitete mich hoch.
Geld ist der Schlüssel zur Freiheit.
Plötzlich war der Sohn, der auf Vaters Firma angewiesen schien,
ein Mann, der im Leben stand.
Einer, den man nicht unterkriegt.

Dann ein Haus, ein Garten und ein Kredit.
Die Bank macht Träume wahr.
Dann funktionierst du, weil du musst.
Möge dein Chef dir gewogen bleiben.

Die Liebe mutiert zur Blutsbrüderschaft.
Die hält auch meist länger.

Aber ich sehe dich immer noch mit unserem Kind im Arm in meinem Kadett.
Dein Blick verriet mir, dass du an uns glaubst
und das war das schönste Geschenk meines Lebens.

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